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Ozean aus Plastik – Wie Kunststoff unsere Meere verseucht
Hast Du Dich schon einmal gefragt, was mit Deiner PET-Flasche oder Deiner Einkaufstüte geschieht, wenn Du sie dem vermeintlichen Recycling-Kreislauf zuführst? Wird tatsächlich alles an Plastik wiederverwertet? Und was geschieht eigentlich mit dem Teil des Plastikmülls, der nicht in diesem Kreislauf landet? Diesen Fragen gehen wir in diesem Beitrag nach. Eines können wir Dir jetzt schon einmal verraten: Im Meer schwimmt nicht nur Fisch, sondern auch eine ganze Menge Kunststoff!
Die größte Umweltkatastrophe dieser Zeit
Aktuell groß im Kurs sind Diskussionen über Diesel und zu hohe Emissionswerte. Das ist ein wichtiges Thema und betrifft uns alle, schließlich wollen wir, unsere Kinder und Enkelkinder mit gesunder Luft und einem reichhaltigen Ökosystem leben. Viel zu lange hat der Mensch achtlos motorisiert und industrialisiert. Doch in all den aktuellen Debatten geht ein anderes Thema beinahe unter: Die Belastung der Weltmeere mit Plastikmüll. Immer wieder hört man kurz etwas über die enorme Kunststoffbelastung der Gewässer. Allerdings befassen sich zumeist „nur“ Umweltschutzverbände damit, in die Politik erhält dieses Thema kaum Einzug. Es bleibt also bislang ein Nischenthema, dabei ist es eine sehr ernste und vor allem große Sache.
Mai 2419: 400 Jahre alte PET-Flasche gefunden! – So oder ähnlich könnte eine Schlagzeile aus der Zukunft lauten. Nur, dass es sich hierbei wohl kaum um eine senstationelle Entdeckung handeln, sondern dies nur eine Flasche von vielen sein wird.
Fakt ist: In unseren Weltmeeren schwimmen Tausende Tonnen Plastikmüll. Das ist Müll, der teilweise bis zu einem halben Jahrhundert benötigt, um sich aufzulösen. Eine einfache Plastiktüte vom Supermarkt, die, der Natur sei Dank, mehr und mehr von der Bildfläche verschwindet, benötigt im Schnitt etwa 15 bis 20 Jahre, um sich aufzulösen. Eine PET-Flasche hingegen treibt über 400 Jahre im Meer, bis sie zerrieben ist! Genau weiß man das jedoch nicht, es handelt sich lediglich um Schätzungen. Manche aus Plastik hergestellten Dinge, beispielsweise Fischernetze oder Angelschnüre, könnten sogar noch in 600 Jahren im Meer herum treiben. Kaum vorstellbar, oder?
Teppich des Grauens im Pazifik
Hast Du schon einmal von dem „Great Pacific Garbage Patch“ gehört? Dies ist die größte Ansammlung von Plastikmüll im Pazifik. Zwischen Asien und Amerika treibt dieser gigantische Teppich aus Müll, dessen wahre Größe nicht einmal bekannt ist. Denn nur der kleinste Teil des Mülls treibt tatsächlich offensichtlich an der Wasseroberfläche.
Durch die Strömungen des Pazifiks bzw. den Nord-Pazifik-Wirbel, bewegt sich das Plastik in einem ständigen Kreislauf von West nach Ost und zurück. Der Garbage Patch verteilt auf einen östlichen und einen westlichen Wirbel, in dessen kreisförmiger Bewegung sich die größten Ansammlungen von Müll befinden. Zwischen diesen beiden Wirbeln gibt es eine Konvergenzzone, also ein Gebiet, in dem der Plastikmüll zwischen den beiden Ansammlungsgebieten ausgetauscht wird.
Der Müllteppich des Nord-Pazifik-Wirbels ist leider nicht der Einzige seiner Art. Alle Weltmeere sind durchwegs mit Plastik verseucht. Auch in unserer Nord- und Ostsee gibt es tonnenweise Müll. Leider ist nur wenig davon sichtbar, denn die größte Verschmutzung geht vom Mikroplastik aus, welches mit bloßem Auge nicht erkennbar ist. Es ist so fein, dass Meeresbewohner es mit der Nahrung aufnehmen oder die Kunststoffteilchen sogar mit Nahrung verwechseln. Auch Vögel, die in Küstennähe leben und Fisch fressen, nehmen unfreiwillig unseren Müll auf. Berichte über tote Vögel und Fische, deren Mägen voller Plastikmüll sind, tauchen immer wieder auf.
Neben den Meeren sind darüber hinaus genauso Flüsse und Seen betroffen. Die meisten durch Plastikmüll verschmutzten Gewässer befinden sich in Asien, darunter direkt mehrere Flüsse in China, wie etwa der Jangtse-Fluss.
Woher kommt das ganze Plastik?
Die hauptsächliche Ursache ist der Plastikkonsum auf dem Festland. PET-Flaschen, Einkaufstüten, Verpackungen von allem Möglichen – Kunststoff ist aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Es ist sogar schon so weit in unser Leben vorgedrungen, dass der Verzicht darauf kaum umzusetzen ist. Selbst bei genauem Hinsehen ist oft nicht genau erkennbar, wo Kunststoffe überall enthalten sind.
Kunststoff hat also einen hohen Stellenwert in unserem Leben, ist aber sehr umweltschädlich und nur mit viel Energieaufwand herzustellen. Daher wurde das Recycling-System entwickelt: Plastik wird dem Recycling-Kreislauf zugeführt und zu neuen Dingen weiterverarbeitet. Ein Beispiel, das Du sicher kennst, sind die neuen Einkaufstaschen bei Supermärkten. Auf ihnen befindet sich oftmals der Hinweis, dass diese Taschen aus PET-Flaschen hergestellt sind. Die Verarbeitung zu anderen Dingen soll die Umweltverschmutzung durch Plastik minimieren und, genau wie das Pfand auf Plastikflaschen, dazu führen, dass die Menschen ihren Plastikmüll nicht in der Natur entsorgen. Leider ist so ein System bei Weitem nicht in allen Ländern vorhanden und der Großteil des Kunststoffes landet ohnehin nicht zur Wiederverwertung in irgendeiner Aufbereitungsanlage. Der Anteil des tatsächlich wiederverwerteten Plastikmülls liegt schätzungsweise im einstelligen Prozentbereich, vielleicht im niedrigen zweistelligen Bereich.
Etwa 20% des weltweit in den Meeren und Gewässern treibenden Mülls wird von der Schifffahrt und von Bohrinseln produziert. Das sind zum Beispiel Abfälle, die illegal über Bord geworfen werden, um Entsorgungskosten einzusparen oder Fischernetze, die „verloren gehen“. Genauso aber auch Boote oder Schiffe, die untergegangen sind. Besonders Fischernetze werden zur tödlichen Gefahr für Meeresbewohner, die sich darin verfangen und qualvoll verenden. Neben dem Tod zahlreicher Tiere schwimmen diese Netze noch mehrere hundert Jahre weiterhin im Wasser.
Wie gelangt das Plastik in die Weltmeere und wer ist schuld daran?
Der Müll vom Festland gelangt über verschiedene Wege ins Meer. Durch die Sortierung per Hand und überquellende Deponien etwa sind Gewässer in direktem Umland der Deponien stark verschmutzt. Die Berge an Abfällen werden nie kleiner, sondern wachsen jeden Tag weiter. Schon beim Abladen kann es passieren, dass ganze Ladungen einfach ins Wasser fallen. Und eines ist sicher: Niemand dort wird hinterher springen, um den Müllteppich aufzuhalten. Denn hinter diesem LKW wartet bereits der nächste und der nächste und der nächste… Durch Flüsse und Bäche gelangt der Abfall schließlich ins Meer. Bei Ebbe wird er auf das offene Wasser gezogen, bei Flut zurück ans Land gespült. Der Plastikmüll verfängt sich in Pflanzen, liegt auf dem Meeresgrund und dient manchen Tieren sogar als notdürftige Behausung, da ihr eigener Lebensraum schwindet. In Mangroven lagert sich der Müll auch zwischen den dichten Wurzeln der Bäume ab und bildet einen regelrechten Teppich, so dass die Bäume und Wurzeln sogar in das Plastik hinein wachsen.
Obwohl die größte Umweltverschmutzung durch Plastik in Asien zu finden ist, beispielsweise in Indien oder China, sind wir in Europa nicht unbeteiligt daran. Da unter Anderem asiatische Länder unseren Plastikmüll importieren, um ihn „zu recyclen“, landet auch unser Müll in deren Gewässern oder im Pazifik. Das Plastik wird dort überwiegend von Hand sortiert, ganze Generationen von Familien leben teils in den Deponien und verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Sortieren von Müll. Ganze Slums wurden teils auf dem Fundament von Mülldeponien angelegt. Richtig makaber wird es aber erst dann, wenn wir Kinder sehen, die im Fluss zwischen Plastik und anderen Abfällen schwimmen oder ohne festes Schuhwerk durch Müllberge waten. Man mag sich gar nicht vorstellen, welche gesundheitliche Belastung von all dem Müll dort ausgeht. In manchen Ländern der Erde werden sogar Elektroabfälle ohne Sicherheitsvorkehrungen wie Atemschutz verbrannt, um an die Edelmetalle zu gelangen. Die Dämpfe des brennenden Kunststoffs sind hochgiftig. Was übrig bleibt und nicht verwertet werden kann, landet wiederum auf der Deponie und irgendwann im Meer.
Schuldzuweisungen sind schnell ausgesprochen, wer für unser Plastik-Desaster verantwortlich ist. Aber Fakt ist: Wir alle sind schuld daran. Nur weil wir Europäer unseren Müll nach Asien oder Afrika exportieren und die Abfälle für uns von der Bildfläche verschwinden, heißt das nicht, dass wir nicht mit beteiligt sind. Deutschland gehört zu den führenden Ländern des Plastikkonsums, damit sind wir Europäer für einen erheblichen Anteil an der Verschmutzung verantwortlich. In einem Jahr verbrauchen die Deutschen pro Person im Schnitt fast 40 Kilogramm Kunststoff!
Südwestlich der großen Palme drei Schritte geradeaus, an der dritten PET-Flasche rechts
Vielleicht ist es Dir selbst bereits im Urlaub aufgefallen: Unsere Strände weltweit sind vom Plastikmüll gezeichnet. Zwischen Sand, Felsen und Muscheln finden sich Flaschen und Verpackungen. Es gibt sogar Strände, die so verdreckt sind, dass niemand mehr dort baden möchte oder das Betreten verboten wird.
Die Anblicke eines solchen Müllbergs gehen mitten ins Herz. Wo noch vor ein, zwei Jahrzehnten Urlauber die Sonne und das Meer genießen konnten, benötigt man heute feste Schuhe, um dort überhaupt ohne Verletzungsrisiko gehen zu können. Glücklicherweise gibt es immer wieder Aufräumaktionen, um die besonders verdreckten Strände zu säubern. Doch „immer wieder mal etwas wegräumen“ – Damit ist es nicht getan. Es muss ein langfristiger Plan her, um dem Müll Herr zu werden.
Der einzige Weg, um dieses globale Problem unter Kontrolle zu bringen, ist ein bewussterer Umgang mit Müll und der Natur. Viele Dinge des täglichen Bedarfs, die wir eigentlich aus Kunststoff kaufen, gibt es auch aus anderen, umweltfreundlichen Materialien. Ein gutes Beispiel sind Zahnbürsten aus Bambus statt aus Kunststoff. Und selbst das Obst im Supermarkt lose zu kaufen anstatt im Netz oder in der Tüte, ist ein guter Anfang. Wenn so jeder bewusster einkauft und dementsprechend auch seinen Müll entsorgt, werden die Müllberge zwar nicht unbedingt kleiner, aber die Abfälle selbst sind schneller abbaubar und damit umweltschonender. Eine Bambuszahnbürste im Meer ist zwar auch nicht schön, aber in ein paar Monaten zersetzt.